Jesaja 40,8

Hast du mich vergessen?

Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, doch das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit.

Das Volk der Hebräer, das an den einen Gott glaubt, im Gegensatz zu anderen Völkern, scheint diesen Glauben jedesmal im Ausland, in der Gefangenschaft, im Exil neu zu definieren, zu beschreiben und zu bestärken. Was für Erfahrungen mögen sie gemacht haben, fern ihrer Familien und ihres Landes. Ja, auch fern ihres Tempels, täglich konfrontiert mit den Statuen und Götterfiguren fremder Länder wie Babylon und Ägypten. Fremden Herrschern und Gesetzen ausgeliefert, einer fremden Kultur und Religion; selbst zu Sklavenarbeit verurteilt.

Der Prophet Jesaja schreibt und schreibt. Er scheut sich nicht, Gott selbst eine Stimme zu geben und lässt ihn (an anderer Stelle)  sagen: „Ich, ich selbst bin es, der dich tröstet. Warum fürchtest du die Menschenkinder, die wie Gras verwelken? Hast du mich vergessen, deinen Schöpfer? Der den Himmel ausgespannt und die Erde geschaffen hat?“ (Jesaja 51,12+13) Er möchte sein Volk trösten. Aber er wäre kein Prophet, wenn er nicht auch mahnen und anklagen würde. Er stellt Gottes Wort keineswegs bloß Gras und Blumen entgegen, sondern die Menschheit selbst, die er mit Gras vergleicht.

Sicher hat er auch immer wieder von seinen Mitgefangenen hören müssen: Wie kann Gott so etwas zulassen? Wir sollen sein auserwähltes Volk sein? Was ist das für ein Gott, was ist das für eine Gerechtigkeit?! Und seine Antwort: Er entwirft ein neues Gottesbild. Einerseits zeichnet er Gott als den ganz Nahen, den ganz Persönlichen (Ich selbst bin es, der dich tröstet), doch er warnt davor, dass durch diese Nähe Gott in unserer Vorstellung reduziert werde, was bewirkt, dass bei auftretenden Notsituationen Gott verspottet, verhöhnt und verachtet wird. Dass er totgeschwiegen und vergessen wird. Jesaja stellt daher im gleichen Atemzug die richtige Relation zwischen Schöpfer und Geschöpf wieder her und vergleicht den Menschen mit Gras, das verwelkt. Gott aber bleibt in Ewigkeit. Gott ist der, der Himmel und Erde schuf! Begreifst du? scheint er zu fragen. Begreifst du überhaupt, wer du bist? Begreifst du, wer Gott ist?

Jesajas Wort, sein Trost und seine Mahnung sind mir auch heute sehr wichtig.

Karin Rosenbaum, Nordwohlde

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