Mt 27,31

Gottvertrauen und der Spott der anderen

Und als sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Mantel aus und zogen ihm seine Kleider an und führten ihn ab, um ihn zu kreuzigen. Und als sie hinausgingen, fanden sie einen Menschen aus Kyrene mit Namen Simon; den zwangen sie, dass er ihm sein Kreuz trug. Und als sie an die Stätte kamen mit Namen Golgatha, das heißt: Schädelstätte, gaben sie ihm Wein zu trinken mit Galle vermischt; und als er's schmeckte, wollte er nicht trinken…Die aber vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe und sprachen: ...Er hat Gott vertraut; der rette ihn nun, wenn er  ihn will…

Simon von Kyrene trägt das Kreuz, an dem Jesus ein paar Stunden später stirbt, nicht aus freien Stücken. Sein Weg wird vom Weg Jesu gekreuzt. Simon,   der   auf   dem  Weg   zum Tempel-gottesdienst in Jerusalem ist, wird zum Augen- und Ohrenzeugen der letzten Stunden Jesu. Inmitten von Spott und  Schmähungen  erfährt Jesus von einem Fremden eine letzte Zuwendung, während ihn die meisten seiner Freunde verleugnet und verlassen haben. Auch das muss Jesus noch erleben und erleiden, bevor er draußen vor der Stadt auf einem Hügel hingerichtet wird. Mit der schimpflichsten und grausamsten Hinrichtungsart der damaligen Zeit, der Kreuzigung, wird Jesus dem Sklaventod ausgeliefert.

Michelangelo, der Ausnahmekünstler, hat sich in seinem letzten Werk, Kreuzabnahme, als alter Mann, selbst mit dargestellt. Die Szene ist die Kreuzabnahme und er, Michelangelo selbst, ist Simon von Kyrene, der bis zuletzt dabeigeblieben ist. Diesmal deutlich freiwillig. So steht es zwar nicht in der Bibel, doch Michelangelo wollte keine historisch treue Illustration dieser Szene darstellen, sondern seine eigene Haltung zum Passionsgeschehen ausdrücken. Auch er hört die spottenden Worte der Vorüberziehenden. Auch er denkt vielleicht, dass man sich lieber nicht so ausschließlich auf Gott verlassen sollte. Und dass es sich ja jetzt zeige, was dabei herauskommt. Auch er sieht, dass Jesus nicht auf schmerzlindernde Narkotika vertraut und dass er sich als Ohnmächtiger erweist, als der Sohn Gottes, der darauf vertraut, dass Gott gerade dort gegenwärtig ist, wo er für abwesend gehalten wird. Und deshalb bleibt er. Vielleicht hat auch er schon solche Erfahrungen mit Gott gemacht.

Karin Rosenbaum, Nordwohlde

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Kreuzabnahme v. Michelangelo