Apostelgeschichte 17,27

Keinem von uns ist Gott fern

Das ist der Monatsspruch für Juli. Er passt, finde ich, in die Zeit des Aufbruchs in fremde Länder oder in das seit Jahren liebgewonnene Ferienland der Familie. Als ich noch ein Kind war, dachte ich, Gott bleibt in meinem Heimatstädtchen und wenn ich aus den Ferien wieder nach Hause komme, dann ist er auch wieder da. Als mir dies bewusst wurde, kam die nachdenkliche Frage in mir auf, wieso ich denn so gut ohne Gott in den Ferien leben konnte. Allmählich wuchs die Überzeugung, dass ich Gott auch zu Hause nicht mehr brauchte. Wenn ich an fremden Orten ohne ihn gut leben konnte, wozu brauchte ich ihn dann am bekannten Ort?

Doch da machte ich eine seltsame Entdeckung: Es gibt offenbar einen Zusammenhang zwischen dem bekannten Ort, an dem ich bete und meiner Wahrnehmung der Gegenwart Gottes. Anders gesagt: Ich brauche den gewohnten Ort, um mit Gott in Verbindung zu kommen. Wenn ich an einem anderen Ort bin und beten möchte, fällt mir das Gespräch mit Gott viel schwerer und dauert länger oder kommt gar nicht zustande. Ich versuchte es, am Strand, beim Laufen in den ankommenden kleinen Wellen des Meeres. Doch dann zogen mich die Muscheln, die Lichtreflexe auf dem Wasser, die schreienden Möwen völlig in ihren Bann.

Ich versuchte es beim Wandern in den einsamen Bergen. Doch dann faszinierten mich die Wildkräuter mit ihren Farben, die Wolken, die ich endlich mal wieder bewusst sah, die Gerüche, die vom Boden aufstiegen und die Töne fremdartiger Tiere viel zu sehr.

Mein Erleben von Gottes Nähe beschränkte sich auf das diffuse Gefühl der Dankbarkeit für die wunderbare Schöpfung, die ich genoss. Gott selbst, der Schöpfer, war mir so fern, dass ich dachte, ihn nicht zu brauchen.

Später im Leben machte ich eine erneute Entdeckung: Es ist möglich, Gottes Stimme zu hören. Die regelmäßige, immer wieder kehrende Beschäftigung mit Gott entfaltete ihre Wirkung. Durch bestimmte Umstände in meinem Leben kam ich dazu, mich oft mit der Bibel zu beschäftigen. Ja, ich begann solche Gelegenheiten selbst zu wählen, oft Gottesdienste mit zu feiern und die Glaubensgemeinschaft zu leben. Ich empfinde es als ein immer tieferes Eindringen in ein Geheimnis.  Und ich weiß nur eines ganz genau: das will ich nie wieder verlieren. Es ist lebensnotwendig geworden. Es ist nur durch Regelmäßigkeit und (Aus)Üben zu erreichen.

Keinem von uns ist Gott fern. Diese Erkenntnis hilft überhaupt nicht, wenn man sie nicht selbst erlebt. Und um sie erleben zu können, die Voraussetzungen schafft.

Karin Rosenbaum, Nordwohlde

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